Soziale Demontage
Aug. 261987
 

Ellenbogen-Gesellschaft

Die Einkommensschere öffnet sich. Pleitenwelle rollt. Kalte Enteignung durch die Konservativen

(RaWe) Die abgebildete Grafik spricht eigentlich für sich. Denn die negative Entwicklung der gesellschaftlichen Verhältnisse läßt sich auch an der Entwicklung der verfügbaren Pro-Kopf-Einkommen der Bundesbürger in den letzten zehn Jahren verfolgen.

einkommenGerade auch für den Bereich Weser-Ems, nordwestliches Niedersachsen, Friesland, einer strukturschwachen Region. Besonders hier nehmen Notverkäufe und finanzielle Zusammenbrüche erschreckend zu. Abwanderungen und somit weiterer regionaler Kaufkraftverlust sowie Arbeitsplatzvernichtungen sind die zwangläufige Folge.
Neben dem Abbau elementarer Schutzrechte für die sozial Schwachen und die Arbeitnehmerschaft weist auch die sich rapide öffnende „Schere“ der Einkommen den schlimmen konservativen Trend aus. Denn während die Unternehmer-Einkommen in den Jahren 1981-1985 um fast 30% anstiegen (Pro Haushaltsmitglied können heute 3060.- DM und somit 700.- DM mehr verbraucht werden) können in einem Arbeitnehmerhaushalt nach Abzug der Inflationsrate ganze 3% Zuwachs in den letzten Jahren verbucht werden.
Allein der 700.- DM Pro-Kopf-Zuwachs in einem Unternehmerhaushalt entspricht der Summe, die ein Arbeitslosenhaushalt pro Monat verbrauchen kann. Und das sind heute 4% weniger als1981. Ein Beispiel für die „gelungene“ Umverteilungspolitik der Bundesregierung von unten nach oben.
Aber der Leidensweg der Soziapolitik ist damit keineswegs beendet. Weitere „Reform“-Pläne liegen bereits in der Schublade, bzw. werden bereits in Angriff genommen. So plant man in treuer Erfüllung unternehmerischer Wünsche nicht nur den Fortfall der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, sondern auch die „Flexibilisierung“
des Arbeitslebens, mehr „Beweglichkeit bei den Arbeitsbedingungen (!), Abbau der Lohnnebenkosten, Flexibilisierung und Differenzierung beim Lohn (!), mehr Selbstbeteiligung an den Kosten im Gesundheitswesen. Der Spitzensteuersatz wurde bereits gesenkt. Das alles bedeutet weiteren Sozialabbau und eine erhebliche Senkung der Massenkaufkraft. Die mit großem Pathos angekündigte Steuerreform läßt sich in ihren Auswirkungen mit einem großen Topf Suppe vergleichen, bei dem die Schöpfkellen an die Reichen und die Teelöffel an die Armen verteilt wurden.
Hinweise von SPD, Grünen und Gewerkschaften, daß vor allem eine Stärkung der Massenkaufkraft auf absehbare Zeit Chancen für die bereits in die nächste Rezession schliddernde Wirtschaft ergibt, wurden von der Bundesregierung als Miesmacherei und Sozialneid „entlarvt“.
Die Konservativen planen des weiteren die Streichung des Weihnachtsfreibetrages, der Arbeitnehmersparzulage, des Arbeitnehmerfreibetrages und die Abschaffung der Steuerfreiheit für Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschläge. Das würde nach Meinung von Stoltenbergs Beamten 10 Mrd. DM für die Finanzierung der Steuerreform bringen.
„Solidarität heißt für uns die Aufforderung, füreinander einzustehen“, so CDU-Generalsekretär Heiner Geißler. Wenn man sich darauf verläßt, daß der liebe Gott zumindest kleine Sünden sofort bestraft, hätte sich Geißler angesichts dieser dreisten Lüge wohl die Zunge abbeißen müssen.
Die Wirklichkeit sieht nun einmal anders aus. Das praktische Handeln wird bestimmt durch einschneidende Sozialdemontage und Begünstigung sowieso schon besser Verdienender. Es wird eben nicht Solidarität praktiziert, sondern die Ellenbogen-, die Zweidrittel-Gesellschaft wird etabliert. Die Lebensbedingungen werden somit immer unterschiedlicher.

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