Versammlungsrecht
Nov 201996
 

Mit schwerem Geschütz

schießt die Stadt gegen die Gewerkschaft. Mit Schreiben vom 11.10.1996 teilte eine Frau Maier vom Amt für öffentliche Ordnung unter dem Signum des Oberstadtdirektors dem DGB mit:
‚Wie ich aus de r Tagespresse erfahren habe, wurden von Ihnen am 01.09.96 und am 23.09.96 Kundgebungen durchgeführt, die bei mir nicht angezeigt worden sind.

Gem. S 26 Abs. 2 des Versammlungsgesetzes wird der Veranstalter einer nicht angemeldeten Versammlung unter freiem Himmel mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
Bei künftigen Veranstaltungen ist auf die rechtzeitige Anmeldung zu achten, da ich mich ansonsten gezwungen sehe, rechtliche Schritte gegen Sie einzuleiten.“
Auffällig ist der völlig überzogene Ton, in dem der Brief verfasst wurde. Da war die Frau Maier wohl etwas auf Krawall gebürstet.
Geradezu lächerlich wird der Inhalt des Briefes, bei Betrachtung der ‚beanstandeten‘ Versammlungen unter freiem Himmel. Seit Jahrzehnten ruft der DGB am 1. September zu Mahnveranstaltungen anläßlich des Antikriegstages auf, die in Wilhelmshaven seit vielen Jahren auf dem Krökel-Platz stattfinden. Hier finden sich dann Jahr für Jahr einige Dutzend Menschen, die gegen die Kriege in der Welt demonstrieren. Die ‚Kundgebung‘ am 23.09.96 war nichts weiter als eine Flugblattverteilaktion der Arbeitsloseninitiative vor dem Arbeitsamt. Doch wenn man sich, wie Frau Maier, nur aus der ‚Tagespresse‘ informiert, dann kann schon leicht aus einer solchen Aktion eine unangemeldete Demonstration werden. So ganz frei scheint der ‚freie Himmel‘ über Wilhelmshaven nicht zu sein. (hk)

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