Presse
Feb 051997
 

In Ungnade gefallen

Die WZ praktiziert Liebesentzug gegen ihre Kritiker

(noa) Regelmäßige GEGENWIND-LeserInnen wissen, daß sie Beiträge, die die WZ nicht abdruckt, wenigstens bei uns unterbringen können. Obigen Leserbrief weigerte sich die WZ zu veröffentlichen. Wir kennen dieses Verhalten der einzigen örtlichen Tageszeitung zu Themen, bei denen sie ein Eigeninteresse zu wahren hat.

So wurden Leserbriefe zum Thema Lokalfunk nicht abgedruckt, in denen die WZ-Radio-GmbH “Dein Radio” kritisiert oder als Verlegerinitiative entlarvt wurde, und so werden immer wieder Leserbriefe zurückgewiesen, in denen die Politik der WZ angegriffen wird. Daß die WZ eine Leserzuschrift gegen die Grünen unterdrückt, erklärt sich nicht von selbst. Dahinter steckt etwas anderes.
Johann Janssen, der Verfasser dieses Briefes, ist bei der WZ in Ungnade gefallen, und es steht zu befürchten, daß es weiteren Zuschriften aus seiner Feder ebenso ergehen wird wie dieser. Ist er doch der “Arzt aus dem Stadtnorden, der der linksextremen Szene zugerechnet wird”, der am 9. November zusammen mit einem “Wilhelmshavener, der bei der Kommunalwahl für die PDS kandidiert hatte” (beide Zitate aus der WZ vom 11.11.) das Fundament des WZ-Gebäudes braun angestrichen hat, um zu demonstrieren, daß die WZ ein braunes Fundament hat. (Der GEGENWIND berichtete von dieser Aktion in seiner Ausgabe Nr.138 im Artikel “Getrenntes Gedenken”.)
“Als die Polizei uns unser Werkzeug und die restliche Farbe zurückbrachte, teilte der Beamte uns mit, daß der Verleger der WZ uns verklagen will, aber noch nicht weiß, welchen Straftatbestand er uns vorwerfen kann”, erklärt Johann Janssen dem GEGENWIND. Wahrscheinlich wird Herr Adrian graue Haare bei der Suche nach einem strafbaren Tun der beiden Antifaschisten bekommen, denn die haben sich, unterstützt von weiteren Leuten, vorher entsprechende Gedanken gemacht. Sachbeschädigung kann man ihnen nicht vorwerfen, denn die “Putzfrau”, die die braune Farbe gleich wieder entfernte, war als Mitglied der Gruppe dabei. Sollte der WZ-Verleger auf den Gedanken verfallen, eine Umweltverschmutzung darin zu sehen, daß jemand Farbe verstreicht und sofort wieder abwäscht, dann hat er damit auch Pech, denn es handelt sich um “Umweltfarbe”. Und persönlich beleidigt wurde er mit dieser Aktion auch nicht – es ging lediglich darum, aufzuzeigen, daß das Fundament dieser Zeitung braun ist, und, so Janssen, darum, dazu beizutragen, daß sie nie mehr ein braunes Blatt wird.
Die Frage, ob die Aktion vom 9.11. samt der Berichterstattung darüber (am 5.12. veröffentlichte die WZ die Meinung von Wilfrid Adam, der “das Beschmieren des Verlagshauses Brune” kritisierte und als “rechtswidrig” bezeichnete) ihm beruflich schaden kann, verneint Janssen. Er hat dem Vorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung schriftlich erklärt, was er und seine MitstreiterInnen mit ihrer Aktion demonstrieren wollten, und der sah darin kein standeswidriges Verhalten, und die paar Freunde und Patienten, die lediglich aus der WZ (also höchst unvollständig und tendenziös) informiert waren, fanden die Verzierung des Brune-Verlagsgebäudes nicht schlimm oder verwerflich, sondern lediglich kindisch. Damit kann Janssen leben, und damit, daß die WZ möglicherweise gar keine Leserbriefe von ihm mehr veröffentlichen wird, zur Not auch.


 

Brief an die WZ

Kenner edler Weine
Daß meine ehemalige Partei „Die Grünen“ in Wilhelmshaven so deutlich nach rechts driften würde, hätte ich noch vor kurzem nicht erwartet. Aber ihre „Politik“ ließ diesen Weg ohne weiteres zu. Selbst nur verwurzelt in ihren grünen Eigenheimgärten vermieden es die Grünen völlig, sich mit den Problemen der Menschen in dieser Stadt zu beschäftigen. Weder bei den Arbeitslosen noch bei der Antifa, weder in der Ausländerarbeit noch bei den Gewerkschaften, weder bei den engagierten Umweltschützern noch bei den Atomkraftgegnern, weder bei den Drogenkranken noch in den Schulen, weder im Sport noch im Theater, nirgends mischten sich die Grünen ein, von nirgendwo kamen grüne Vorstellungen zu diesen Politikfeldern. Als Politikersatz verbrauchten sie ihre überschüssigen Kräfte in dem Versuch, den OB zu stürzen mit dem nur eventuellen Ergebnis, damit eine Personalentscheidung der SPD beeinflußt, nicht aber deren Politik verändert zu haben. Über grüne Ratsarbeit ist in den vergangenen fünf Jahren ebenfalls wenig bekannt geworden, eigene Publikationen gab es nicht, und eine Öffentlichkeitsarbeit war nicht erkennbar. Vertrauend auf eine grüne Grundströmung in der Bevölkerung versäumte es die Partei, zu politisieren, notwendige Auseinandersetzungen zu führen. Da es im konservativen Lager mehr Umweltschützer geben dürfte als bei den Sozialdemokraten, sind meine grünen Freunde von einst jetzt da gelandet, wo ihr Klientel schon immer war: bei den Eigenheimbesitzern und den Kennern edler Weine. Ciao!

Johann Janssen

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