Mütterzentrum
Okt 242000
 

Mütter im Zentrum

Der SOS Kinderdorf e.V. gründet neue Einrichtung im Stadtteil Bant

(ub) Direkt am Banter Markt und somit an zentraler Stelle im Stadtteil Bant hat eine neue soziale Einrichtung Mitte September ihre Türen geöffnet. Das Mütterzentrum des SOS-Hilfeverbundes lädt vormittags zum Frühstücken im Café sowie zum Stöbern im Secondhandladen ein. Mütterzentrum – der Name ist Programm, denn Mütter stehen im Zentrum dieser Einrichtung, die in sinnvoller Weise Kommunikation, Freizeit und Arbeit miteinander verbinden will.

Der alten Poststelle am Banter Markt trauern die alteingesessenen „Banter Briten“ wohl immer noch nach. Viele kleine Läden und Handwerksbetriebe im Stadtteil Bant haben in den letzten Jahren schließen müssen oder fielen oftmals zweifelhaften Modernisierungsprozessen zum Opfer. So auch die Banter Postfiliale, die für viele Bewohner des Stadtteils Bant mehr war als nur eine Abgabestelle für Päckchen und Pakete.

Treffpunkt im Stadtteil

Vielleicht so wie früher mal die Post, könnte jetzt das in den Räumlichkeiten der ehemaligen Postfiliale in der Werftstr. 45 neu entstandene Mütterzentrum ein zentral gelegener Treffpunkt im Stadtteil werden. Dieses Angebot des SOS-Hilfeverbundes soll eine Einrichtung werden, in der vor allem Frauen mit ihren Kindern mit viel Phantasie und persönlichem Engagement ihren Lebensalltag verbessern können. Zentrales Angebot als kommunikativer Kern des Mütterzentrums ist das offene Café. Dieses Café prägt das äußere Erscheinungsbild der Einrichtung, ist Kommunikationsmittelpunkt und Ausgangspunkt vielfältiger Aktivitäten. Das kleine Frühstück zu 3.- DM, der Becher Kaffee für 1,50 DM – die Preise im Café entsprechen den sozialen Bedingungen der BesucherInnen. Besonders alleinerziehende Mütter leben oftmals in Armutsverhältnissen. Ausländische Frauen sind überproportional häufig ohne Erwerbseinkommen. Die Ballung sozialer Benachteiligung im Stadtteil war mit ausschlaggebend für die Standortwahl. Doch längst nicht nur die Preise im Café und Secondhandladen des Mütterzentrums machen den Unterschied zu gewerblichen Angeboten aus.

Die Kinder sind immer dabei

Das Mütterzentrum ist generell offen für Menschen aller Altersgruppen. Hier sollen sich Gleichgesinnte treffen, die miteinander Spaß haben möchten und die auch gemeinsam über ihre Probleme sprechen wollen. Grundsätzlich gilt: Kinder können und dürfen immer mit dabei sein. Eltern müssen ihre Kinder nicht „wegorganisieren“, wenn sie an Aktivitäten und Kommunikation teilnehmen wollen. Ein großer und kindgerecht fröhlich eingerichteter Kinderspielraum direkt im Anschluss an das Café lässt bei den kleinen Besuchern keine Langeweile aufkommen, und so können die Mütter entspannt beim Kaffee ein wenig Freizeit genießen, aber auch sich mit anderen Besucherinnen beispielsweise über alltägliche Erziehungsfragen austauschen. Das Mütterzentrum will auch ein Ort sein, wo Frau Beratung und Information erhalten kann. Ausgehend von der Annahme, dass Mütter Expertinnen für Erziehungsfragen, Partnerschaftsfragen und Fragen des familiären Lebens sind, findet hier Beratung alltagsnah von Frau zu Frau ohne die Hemmschwelle des herkömmlichen Beratungssettings statt.

Geld verdienen im Mütterzentrum

Die Mitarbeit im Mütterzentrum wird bezahlt. Mütter bekommen die Chance, eigenes Geld zu verdienen. Mütter sind nicht nur Besucherinnen, sondern auch Arbeitnehmerinnen. Sie übernehmen verantwortlich und ihren eigenen Fähigkeiten entsprechend Tätigkeiten und werden hierfür vertraglich geregelt bezahlt. Schon in der Anfangsphase sind acht Frauen stundenweise beschäftigt und übernehmen wechselseitig den Cafédienst, die Kinderbeaufsichtigung im Spielzimmer und die Betreuung des Secondhandladens. Auch hier gilt wieder das Prinzip: Kinder sind immer dabei. Die im Mütterzentrum beschäftigten Frauen bringen ihre Kinder mit. Gemeinsam wird, auch mit Unterstützung der Besucherinnen, der Alltag so organisiert, dass Arbeit und Kindererziehung parallel stattfinden kann.

Prinzip Laien helfen Laien

Die Mitarbeiterinnen des Mütterzentrumsteams berichten über einen erfreulich guten Zulauf im Café und Secondhandladen. Das Angebot soll jedoch kontinuierlich weiter wachsen. Jeden Dienstag stellt sich die Hebamme Inge Heimann beim sogenannten „Treffpunkt Bauchladen“ im Café für Fragen rund um Schwangerschaft und Geburt zur Verfügung. Geplant sind außerdem Gesprächskreise, Kursangebote, Vorträge, Veranstaltungen, Flohmärkte und gemeinsame Aktionen. Ein Großteil der zukünftigen Angebote wird abhängen von der Mitarbeit der Besucherinnen. Denn nach dem Prinzip Laien helfen Laien richtet sich die Angebotsstruktur in den Mütterzentren nach dem, was Besucherinnen an eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten weitergeben können. Wenn dann aus Besucherinnen Mitarbeiterinnen werden, entsteht ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis mit entsprechendem Arbeitsvertrag. Sozialhilfeempfängerinnen sind bei diesen geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen in der Regel von der Zahlung von Steuern befreit. Im Bundessozialhilfegesetz ist geregelt, dass in festgelegten Grenzen zusätzlich zum Sozialhilfebezug Geld dazuverdient werden darf. Gezahlt wird im Mütterzentrum ein Einheitslohn für alle Tätigkeiten. „Beispielsweise Frauen, die aufgrund früher Mutterschaft keinen Beruf erlernen konnten bzw. eine begonnene Ausbildung abbrechen mussten, gibt das Mütterzentrum die Möglichkeit, eigenes selbst verdientes Geld zu bekommen. Ziel ist es hierbei, neben der Verbesserung der materiellen Situation, dass Besucherinnen (wieder) ein berufliches Selbstwertgefühl aufbauen…“ (aus der Mütterzentrumskonzeption)

Finanzierung

Wenn auch der SOS Kinderdorf e.V. einen beträchtlichen Teil insbesondere der Anschubfinanzierung und der Personalkosten für die Laienhelferinnen übernimmt, wäre das Mütterzentrum fraglos ohne die politische und materielle Unterstützung der Stadt Wilhelmshaven nicht entstanden. Jugendhilfeausschuss, Jugendhilfeplanung, Stadtteilkonferenz Süd und die Frauenbeauftragte beispielsweise haben nach Aussage des Mitarbeiterteams entscheidenden Anteil am Zustandekommen dieser Einrichtung. Mittelfristig soll erreicht werden, dass analog zur Entwicklung der meisten der ca. 350 Mütterzentren in der Bundesrepublik durch Einnahmen aus den verschiedensten Angeboten eine kostenneutrale Entwicklung stattfindet.


Das Café und der Secondhandladen haben geöffnet:
Montag bis Freitag und Sonntag jeweils 10 – 13 Uhr
Der „Treffpunkt Bauchladen“ findet jeden Dienstag in der Zeit von 10 – 12 Uhr statt.
Im Secondhandladen wird Kommissionsware am Montag und Dienstag jeweils von 10 – 13 Uhr entgegengenommen.
Wer kostenlos Baby- und Kinderbekleidung abgeben möchte, kann sich während der Öffnungszeiten an die Mitarbeiterinnen wenden.
Auf Wunsch können Kleiderspenden auch abgeholt werden. Die Mitarbeiterinnen sind unter der Telefonnummer des SOS-Hilfeverbundes 04421/12711 erreichbar.

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