IG Brune-Druck
Jul 011997
 

Beherrscht die WZ die IG Medien?

(ft/noa) Torsten Christoph hat seinen Vorstandsposten als Beisitzer des Ortsvereins Wilhelmshaven der IG Medien zur Verfügung gestellt. Der Grund: „Der Ortsverein Wilhelmshaven ist nicht souverän. Die ‘Wilhelmshavener Zeitung’ beherrscht die IG Medien.“ Die Antwort des Ortsvereins-Vorsitzenden, Heinrich Herrlau, bestätigt ungewollt Christophs Vorwurf.

„Es ist nie mein Wunsch gewesen eine IG Medien zu gründen“, heißt es da. „Wir sind früher die Industriegewerkschaft Druck und Papier gewesen, und unser Ortsverein bestand ausschließlich aus Mitarbeitern der Druckbetriebe in Wilhelmshaven: Früher noch Paul Hug & Co. und Druckerei Baron, jetzt nur noch Brune Druck und Verlag und Heinrichshofen’s Verlag. Dann hat der DGB und der Bundesvorstand Druck und Papier beschlossen eine IG Medien zu gründen, von der Idee her ja nicht schlecht, in der Praxis für Wilhelmshaven aber scheinbar nicht zu verkraften.“ Nach einer Aufzählung der Mitgliederzahlen, aufgeschlüsselt nach Betrieben, geht es weiter:

„Falls es Dir noch nicht bekannt sein sollte ist die Brune-Druck- und Verlagsges. mbH im Moment noch eine der wirtschaftlich gesündesten Betriebe im Raum Wilhelmshaven mit weit über 200 Mitarbeitern und ich finde es unverständlich und vor allem unverantwortlich, daß Kreise im DGB einschließlich dem Kollegen Manfred Klöpper und eigene Mitglieder die Existenz der Wilhelmshavener Zeitung in Frage stellen wollen und den Betrieb so Massiv angreifen, daß es uns seinerzeit leider nicht möglich war uns dem Radio Jade anzuschließen.“ Den nur gelegentlich den GEGENWIND lesenden Mitmenschen ist dieser Satz vielleicht nicht verständlich. Deshalb die Hintergrundinformation: Der DGB-Kreisvorsitzende Manfred Klöpper war Gründungsmitglied und später einige Zeit 1. Vorsitzender des Vereins Radio Jade. Just während Klöppers Zeit im Vorstand bemühte sich Radio Jade um die Sendelizenz u.a. gegen eine andere Radio-Initiative, hinter der der Verleger der „Wilhelmshavener Zeitung“ (also das Druck- und Verlagshaus Brune) stand. Da das Landesrundfunkgesetz die Lokalradios zur Ergänzung der Medienlandschaft und eben nicht zu deren weiterer Verarmung vorsieht, lag es in der Natur der Sache, daß Radio Jade die Monopolstellung der WZ als Argument für seinen Anspruch nannte – mit Erfolg übrigens. Andere DGB-Gewerkschaften traten dem Verein Radio Jade bei, während die IG Medien die WZ-Radioinitiative unterstützte.

IG-Medien-Chef Herrlau weiter: „Du bist ein Beispiel und ich habe Zeugen die Workshops mit den ehemaligen Kollegen Rüdiger Schaarschmidt und Michael Diers belegten und dem Workshop weiterhin fernblieben, weil sie die Angriffe auf die WZ nicht mehr mit anhören konnten.“ Die genannten „ehemaligen Kollegen“ sind Radio-Jade-Redakteure und leiten Seminare zur Ausbildung künftiger freier Mitarbeiter des Lokalsenders.

Den Beweis, daß die hiesige IG Medien unabhängig und souverän sei, tritt Herrlau am Ende seines Schreibens an: „Daß wir frei und unabhängig sind beweist doch allein, daß wir uns nicht dem Trott des DGB Wilhelmshaven angeschlossen haben und im Verband dem Radio Jade beigetreten sind. Wir haben noch eine eigene Meinung, bei uns geht es um Arbeitsplätze. (…) Wir folgen auch nicht den Empfehlungen des Hauptvorstandes der IG Medien.“

Kommentar

Freiheit, die ich meine

Daß die IG Medien „sich nicht dem Trott des DGB angeschlossen“ hat, ist ohne Zweifel ein Zeichen von Souveränität. Es wäre schon armselig, würde eine Einzelgewerkschaft dem DGB-Vorsitzenden auf Gedeih und Verderb folgen, egal, was auch immer der tut. Sollten die DGB-Gewerkschaften, die bei Radio Jade Mitglied sind, auch jetzt dem Beispiel Klöppers folgen und wie er dem Radioverein den Rücken kehren, dann müßte man sich schon fragen, wieviel „eigene Meinung“ da besteht.

Aber viel drängender stellt sich die Frage nach der „eigenen Meinung“ der IG Medien angesichts dessen, daß das Ausscheren aus dem DGB-„Trott“ ausgerechnet mit dem Hinweis auf die Arbeitsplätze und auf die Zahl der bei der WZ beschäftigten Mitglieder begründet wird. Ist dem Kollegen Herrlau eigentlich bewußt, daß er sich und seinen Ortsverein total dem größten Arbeitgeber der Branche ausgeliefert hat?

Anette Nowak

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