Leserbriefe
Aug. 292001
 

 

Leserbriefe:

Zum Artikel: Geht nicht? – Gibt’s nicht! im Gegenwind Nr. 171
Fass ohne Boden
‚Hans‘ van Weelden (H.V.W.) verneint die zunehmende Versandung der WRG-Umschlaganlagen bei Bau des geplanten JadeWeserPorts: Durch den JadeWeserPort (JWP) werden sich die Strömungsverhältnisse verbessern und die Baggerkosten werden reduziert. (…) In einer von uns 1992 in Auftrag gegebenen Studie wurde der JWP als Lösung der Strömungsprobleme und damit der Senkung der Baggerkosten dargestellt.
In der JWP-Machbarkeitsstudie aus dem Jahre 1999 steht jedoch was ganz anderes: Am Küstenanleger der Tankerlöschbrücke WRG vermindern sich die Strömungsgeschwindigkeiten, wodurch es zu in einer Tendenz vermehrten Sedimentation kommen kann.Nun muss das, was H.V.W. der Presse sagt, nicht unbedingt mit dem übereinstimmen, was er bzw. sein Nachfolger zur Wahrung der Raffinerieinteressen erforderlichenfalls tun muss: Der wird – wie andere Eigentümer von Umschlagbrücken, Kühlwasseranlagen und Vorhäfen an der Jade auch – sicherstellen müssen, dass die ihm durch den Bau des JWP verursachten Kosten ersetzt werden. Damit gerät eine weitere bei Bau des JWP zu erwartende finanzielle Folgelast ins Blickfeld.
Wie unerwartet sich Wasserbaumaßnahmen langfristig auswirken können, gesteht H.V.W. selbst ein: Da man die Fahrrinne verlegt hatte, um den Knick herauszunehmen, haben wir inzwischen die doppelten Baggerkosten, weil die Versandung an der Westseite der Jade zugenommen hat. Ich gebe jetzt 5 Mio. Mark pro Jahr an Baggerkosten aus – das ist das Doppelte von dem, was wir früher ausgeben mussten.
Doch diese Maßnahme, mit der ein gefährlicher Fahrwasserknick im Bereich der zuvor errichteten landeseigenen „ICI-Brücke“ beseitigt wurde, wurde bereits im Jahre 1987 abgeschlossen – also 5 Jahre vor Erstellung des eingangs von H.V.W. angeführten Gutachtens. Verständlich, dass H.V.W., statt einer Entschädigung für zusätzliche Baggerungen in Folge eines JWP zunächst versucht, die Baggerkosten ganz weg zu bekommen.
Und die Idee, durch eine Kombination ICI-Anleger, NWO- und Niedersachsenbrücke weiter Öl anlanden und Ölprodukte per Schiff ausführen zu können, ist auf den ersten Blick durchaus begrüßenswert. Nur zwei Punkte wären allerdings noch zu klären: Was kostet der Spaß und wer bezahlt das? Die Anbindung der Raffinerie an die an den Umschlaganlagen vertäuten Tanker dürfte nämlich nicht gerade billig sein. Schließlich müssten mehrere kilometerlange Pipelines sowie Pumpstationen und Umschlageinrichtungen gebaut werden.
Was macht man üblicherweise in solchen Fällen, um die Eigentümer von den dafür erforderlichen Investitionen zu entlasten? Mittels klandestiner Lobbyarbeit in Kombination mit gezielter Öffentlichkeitsarbeit einen Weg zu den Steuertöpfen bahnen. So auch H.V.W., wie sich aus seiner Argumentation schließen lässt.
So merkt er an, dass unser Anleger durch die Erweiterungsplanungen des JWP ganz weg müsste, ohne hinzuzufügen, dass er dafür gegebenenfalls einen Ersatz verlangen kann. Dass er da jetzt schon mit kommt, wo doch – wenn überhaupt – erst in frühestens 12 Jahren damit zu rechnen wäre, ist nur damit zu erklären, dass er diesen eventuellen Verlust schon jetzt erstattet haben will, indem er mit den Investitionskosten für die Anbindung der Raffinerie an die drei benachbarten Umschlaganlagen verrechnet wird.
Wenn die Entwicklung des JWP so erfolgreich verlaufen sollte, wie sich die Wilhelmshavener Hafenwirtschaft das vorstellt, dann müssten die Niedersachsenbrücke und die ICI-Brücke eines Tages auch weg.
Die Nutzungsdauer dieser Anlagen ist für die WRG also höchst ungewiss. Daher scheint im Falle eines Ausbaus des JWP nach Norden die Integration eines Ölterminals in die Stromkaje unvermeidlich. Die Idee von H.V.W. wäre somit eine Zwischenlösung. Für den Steuerzahler würde dies bedeuten, dass er zwei Verlegungen der Umschlaganlagen innerhalb weniger Jahre (mit)finanzieren müsste.
Als Lockspeise serviert er einen 500 Mio. Mark teueren Cracker, durch dessen Betrieb zusätzliche Umschlagkapazität gebraucht werde. Zunächst ist dazu anzumerken, dass H.V.W. vor zehn Jahren das erste Mal einen Cracker avisiert hat und bis jetzt von einem Genehmigungsantrag nichts bekannt ist. Dagegen hatte der Vorgänger – die Mobil Oil – im Jahre 1984 schon einen positiven Vorbescheid für einen Cracker bekommen (anschließend hat sie dicht gemacht). Darin heißt es u.a.: Darüber hinaus wird sich die Produktpalette zu leichteren Produkten verschieben, eine Zunahme der umzuschlagenden Gesamtmenge von Produktion wird dadurch nicht bewirkt. Es kommt allenfalls der vermehrte Einsatz von Tankschiffen mit geringerem Fassungsvermögen in Frage, so dass sich allenfalls die Zahl der Tankbewegungen geringfügig erhöhen würde.
Folglich besteht zwischen dem Betrieb eines Crackers und dem Zusatzbedarf an Umschlagkapazitäten kein nachvollziehbarer Zusammenhang.
Man sieht an diesem Beispiel, dass der JWP für den Steuerzahler ein finanzielles Fass ohne Boden zu werden verspricht.

Jochen Martin, Schulstr. 115, 26384 Wilhelmshaven

 

In dem folgenden Text nehme ich Bezug auf Ihre Berichterstattung über die Vorstellung des Gutachtens „Wirtschaftliche Entwicklungsperspektiven des Jade-Weser-Raums unter besonderer Berücksichtigung des geplanten Jade-Weser-Ports“ im August 2001
Der Rattenfänger ruft
Ich warne vor dem Rattenfänger, der uns mit der „Arbeitsplatz-Flöte“ ins ökonomische und ökologische Verderben locken will: In dem vorgestellten Gutachten über „Wirtschaftliche Entwicklungsperspektiven des Jade-Weser-Raums“ werden für den geplanten JadeWeserPort zwischen 2280 und 5760 neue Arbeitsplätze prognostiziert. Dieses Gutachten wurde von der Bürgerinitiative „Bürger gegen den JadeWeserPort“ eingehend analysiert.
Im Terminalbereich des JadeWeserPorts sollen mit 900 – 1100 Mitarbeitern 1,8 Mio. TEU/Jahr umgeschlagen werden. Diese Zahlen sind aus der Machbarkeitsstudie für den JWP übernommen worden. Bei dieser Angabe handelt es sich aber lediglich um den Vergleich unterschiedlicher Terminaltypen und nicht um den tatsächlichen Arbeitsplatzbedarf. Das Kapitel 12 aus dieser Machbarkeitsstudie befasst sich mit den „Beschäftigungseffekten“ und wird immer noch geheim gehalten.
Im Containerterminal Altenwerder (Hamburg) werden 1,9 Mio. TEU/Jahr mit 63 Mitarbeitern umschlagen. Es wäre eine schlechte Geschäftsführung, die zuließe, dass in Wilhelmshaven 17 mal mehr Personal für die gleiche Umschlagmenge benötigt würde.
Für die Bereiche Verkehrswirtschaft, Logistik, Großhandel und Dienstleistungen werden 1000 – 2700 zusätzliche Arbeitsplätze ermittelt. Als Grundlage für diese Angabe wurden die Arbeitsplatzzahlen von Hamburg und Bremen auf den JWP umgerechnet. Der JWP wird laut Machbarkeitsstudie als reiner Umschlaghafen konzipiert. Es entsteht aber ein völlig falsches Bild, wenn Häfen mit „gemischtem Umschlag“ mit einem reinen Containerumschlag-Hafen verglichen werden.
Für die chemische Industrie werden bis zu 1000 neue Arbeitsplätze ermittelt. Das Entstehen dieser Arbeitsplätze hängt von verschiedenen Bedingungen ab, aber mit Sicherheit nicht vom Bau des JWP.
In der vorliegenden Studie werden positive Effekte für den Tourismus und die chemische Industrie erwartet. Damit steht sie im krassen Gegensatz zum „Berger/Planco-Gutachten“, das von den Ländern Bremen, Hamburg und Niedersachsen in Auftrag gegeben wurde. Berger/Planco gehen davon aus, dass sich Containerumschlag und chemische Industrie nur schwer verbinden lassen. Gleichfalls zeigen sie auf, dass durch den JWP Einbußen im Tourismus zu erwarten sind.
Selbst wenn die Arbeitsplatzzahlen des CT-Altenwerder mit dem Einkommensmultiplikator von 1,2 vergrößert wird, kann im JadeWeserPort höchstens mit 75 Arbeitsplätzen gerechnet werden. Alle anderen Zahlen sind in keinem vergleichbaren Hafen nachweisbar. Auf die Frage, ob diese Arbeitsplätze tatsächlich neu geschaffen werden oder mit vorhandenem Personal der CTs in Bremerhaven besetzt werden, wurde bisher noch nicht beantwortet.
Alle Studien und Berichte können auf der Internet-Site der BI „Bürger gegen den JadeWeserPort“ unter „www.antiport.de“ nachgelesen werden.

Manfred Berger, BI „Bürger gegen den JadeWeserPort“, von Münnichstraße 15, 26388 Wilhelmshaven

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