JadeWeserPort 2
Aug. 292001
 

Traum oder Albtraum?

BI gegen den Jadeport diskutiert mit OB-KandidatInnen

(hk) Das Fünfergespann der Wilhelmshavener OB-KandidatInnen tingelt in den letzten Wochen von Veranstaltung zu Veranstaltung. Neben den Themen, die sich die VeranstalterInnen auf die Fahnen geschrieben haben (seien es der Frauenring oder der DGB) geht es im Hauptteil der Debatten immer wieder um den JadeWeserPort. Wir berichten von einer Veranstaltung, auf der es nur um dieses Thema ging. Unter der Überschrift „JadeWeserPort: Traum oder Albtraum?“ hatte die Bürgerinitiative gegen den JadeWeserPort, die, wie bei den Veranstaltungen der BI üblich, auch das Gorch-Fock-Haus mit ZuhörerInnen füllen konnte, das Fünfergespann eingeladen.

BI jwpNeben dem BI-Vertreter Manfred Berger saßen Eberhard Menzel, Hans van Weelden, Michael von Teichman, Marianne Fröhling und Joachim Tjaden auf dem Podium. Um nicht von allen fünfen das Gleiche zu hören, hatte die BI die OB-KandidatInnen gebeten, jeweils zu einem Schwerpunktthema ein kurzes Statement abzugeben. E

berhard Menzel (SPD): Regionale Auswirkungen

Oberbürgermeister Menzel machte zu Beginn seiner Ausführung klar, dass die Fragestellung „Traum oder Albtraum“ für ihn nicht zutreffe. Beim JadeWeserPort handelt es sich, so Menzel, um eine Realität. Und diese Realität wird Wilhelmshaven und der Region je nach Ausbaustufe 2280 bis 5760 neue Arbeitsplätze bescheren. Der JadeWeserPort lasse sich jedoch nur realisieren, wenn die Koordination mit den Umlandgemeinden funktioniert. Im Endeffekt werden alle durch Gewerbe- und Einkommenssteuer-Einnahmen von dem Projekt profitieren. Für Wilhelmshaven wird der JadeWeserPort endlich die so nötige Bindung der Menschen an die Stadt bewerkstelligen. Die Gemeinden und Kreise der Umgebung müssen mit Wilhelmshaven an einem Strang ziehen – und das auch noch in eine Richtung, steckte Menzel die Marschrichtung ab. Diese Zusammenarbeit ist bereits im Gange und die hohe Akzeptanz der Wilhelmshavener Hafenpläne im Umland weist in eine gute Richtung. Nach Menzels Ausführungen wird viel passieren: Ausbau der Bundesstraßen, Neubau der Küstenautobahn, Elektrifizierung und Ausbau der Bahnstrecken, Kanäle, Flughafen – der JadeWeserPort wird der Region ein anderes Gesicht geben. Des weiteren sieht der SPD-OB-Kandidat einen erheblichen Bedarf an Gewerbeflächen auch in den umliegenden Gemeinden zur Ansiedlung von Hafen- und chemischer Industrie und verarbeitendem Gewerbe. Auch die Frage nach der Bereitstellung von Kompensationsflächen für die benötigten Wattflächen muss in Abstimmung mit den umliegenden Gemeinden gelöst werden. Der JadeWeserPort bedeutet nach Menzels Meinung einen hohen Imagegewinn für die Region, der sich auch touristisch nutzen lassen werde. Sein Hinweis, dass auch in Hamburg die Hafenrundfahrten einen hohen Stellenwert haben, ging zwar im allgemeinen Gelächter unter, war aber ernst gemeint.

Hans van Weelden (parteilos, CDU-Kandidat): Wirtschaftliche Auswirkungen

Die meisten Argumente van Weeldens haben wir bereits in den beiden letzten Gegenwind-Ausgaben vorgestellt. Für ihn ist allein schon die Tatsache, dass hier in Wilhelmshaven 1,5 Milliarden Mark investiert werden sollen, ein Grund zum Jubeln. Wenn dann noch die Rahmenbedingungen geschaffen werden (Kanalbau und –ausbau, Elektrifizierung der Bahn usw.), dann wird der JadeWeserPort zu einer Erfolgsgeschichte werden. Wilhelmshavens große Chance sieht van Weelden darin, dass die Container hier für 140.- DM pro Stück umgeschlagen werden können, während die Kosten in den anderen Häfen bei 168.- DM liegen. Hans van Weelden ist ja immer für einen unerwarteten Beitrag gut. Mal beendet er zum Entsetzen der Veranstalterinnen eine Veranstaltung mit den Worten „Das war’s“ – oder er singt einen Abschiedsblues. Diesmal übergab er dem Vertreter der WALLI ein Pfund Butter, damit diese ihren auf den Wahlplakaten abgebildeten Aal braten können – auch ein Hans van Weelden ist kein Garant für Originalität, er machte sich diesmal eher zum Kasper.

Marianne Fröhling (Grüne): Ökologische Auswirkungen

Der Vortrag der grünen OB-Kandidatin war zweifellos das traurigste Kapitel der Veranstaltung. Sie verteidigte die Studien („Das sind keine Gefälligkeitsgutachten – wir haben die Verfasser gefragt“) und lobte den Containerhafenbau über den grünen Klee. Während Eberhard Menzel in seinen Ausführungen den totalen Ausbau der Straßen inklusive Küstenautobahn beschrieb, begründete Marianne Fröhling das Ja der Grünen zu dem Projekt damit, dass damit der Verkehr von der Straße verbannt werde. Die grüne OB-Kandidatin Fröhling sprach nicht wie eine Vertreterin der Partei, die sich einen ökologischen Umbau der Gesellschaft auf die Fahnen geschrieben hat, sondern wie eine Vertreterin der Betonfraktion der SPD! Ihre Ausführungen, dass die Grünen Planung und Verwirklichung des Hafens sehr kritisch begleiten und notfalls auch den Klageweg beschreiten werden, wirkte da nur noch wie Makulatur. (Siehe auch unsere Auseinandersetzung mit dem Kommunalwahlprogramm der Grünen auf Seite —-). Marianne Fröhling sprach sich gegen einen Ersatz der verlorengehenden Freizeitgebiete im Stadtsüden aus. Der Ersatz muss, so führte sie aus, im Norden, dort wo die Flächen verloren gehen, stattfinden. Bei einer Investitionssumme von 1,5 Milliarden sollte es doch wohl möglich sein, das Freibad Nord auszubauen und einen Campingplatz an der Maade zu bauen.

Michael von Teichman (FDP): Soziale Auswirkungen

Von Teichmann fand es selbst etwas seltsam, dass die Veranstalter gerade einen Vertreter der FDP zu den sozialen Auswirkungen ausgewählt hatten, unterstrich aber gleichzeitig, dass eigentlich ja auch nur die FDP in der Lage ist, zu diesen Fragen kompetent Stellung zu beziehen. Wilhelmshavens soziale Lage ist geprägt von hoher Arbeitslosigkeit, geringer Qualifikation, Bevölkerungsschwund und Überalterung. Ein Drittel des städtischen Haushalts wird für soziale Aufgaben ausgegeben – der größte Teil davon geht in die Sozialhilfe. In Wilhelmshaven beziehen 7.000 Menschen Sozialhilfe. Von Teichman: „Soziale Ausgaben können nur dann getätigt werden, wenn dieses Geld auch verdient wurde!“ Von Teichman fordert eine andere Wirtschaftspolitik für Wilhelmshaven und sieht den JadeWeserPort als einmalige Chance für die Stadt. Durch den JadeWeserPort wird sich die finanzielle Situation der Stadt erheblich verbessern – und dann könne man auch wieder soziale Aufgaben erledigen, meinte der FDP-Kandidat. Mit dem Satz: „Wir müssen die Aufbruchstimmung in der Stadt nutzen“ schloss Michael von Teichman seine Ausführungen.

Joachim Tjaden (WALLI): Arbeitsmarktpolitische Auswirkungen

„Wenn der JadeWeserPort die einzige Chance für Wilhelmshaven ist, dann hat Wilhelmshaven bald nur noch 50.000 Einwohner.“ Mit diesem Angriff gegen die Politik der etablierten Parteien, die seiner Meinung nach nur noch auf den JadeWeserPort starren, eröffnete Joachim Tjaden seine Ausführungen. In Wilhelmshaven hat sich seiner Meinung nach eine Stimmung breit gemacht, die keine Kritik am Hafenprojekt mehr zulässt. „Wer dagegen ist, wird platt gemacht.“ Nach Ansicht des WALLI-OB-Kandidaten ist der Hafen überflüssig, doch mit dem Argument der Schaffung von neuen Arbeitsplätzen kann man gut punkten. Doch die Realität sieht anders aus: In Bremerhaven herrscht trotz des Containerhafens hohe Arbeitslosigkeit und der Hafenbereich selbst ist durch einen hohen Abbau von Arbeitsplätzen gekennzeichnet. Auch in Hamburg gibt es eine ähnliche Entwicklung – es werden keine neuen Arbeitsplätze geschaffen – es finden nur Umsetzungen statt. Gegen die ins Astronomische gehenden Zahlen der durch den JadeWeserPort geschaffenen Arbeitsplätze konterte Tjaden: „Für den reinen Umschlagbetrieb werden 63 Arbeitskräfte benötigt.“ Auch die Behauptung, dass durch den JadeWeserPort sich viele Firmen hier neu ansiedeln werden, verweist Tjaden mit einem Beispiel des italienischen Containerhafens Gioia Tauro ins Reich der Märchen: „Der Hafen ist pleite – da war kein Geld zu verdienen.“ Der JadeWeserPort soll nur gebaut werden, damit die Eurogate einen neuen Hafen bekommt, um im Konkurrenzkampf um Transportmengen die Nase vorne zu haben. „Der JadeWeserPort schafft keine Arbeitsplätze – er vernichtet Arbeitsplätze. Er vernichtet Arbeitsplätze in den bestehenden deutschen Containerhäfen.“ Manfred Berger, Sprecher der veranstaltenden Bürgerinitiative, beendete in gewohnt sachlicher und fachlich kompetenter Art die Statements des Podiums. Mit den Worten: „Erst bauen und dann feststellen, ob es geht“ umschrieb Berger die Politik, mit der sich die BI auseinandersetzen muss. Nach den Beiträgen des Podiums gab es noch eine Diskussionsrunde auf dem Podium und anschließend die Fragen und Beiträge der Veranstaltungsbesucher. Doch wie es bei solchen Veranstaltungen üblich ist, wurden alle Fragen nur im Rahmen des bereits vorher Gesagten beantwortet.

Aus der Rolle

Michael von Teichman ist immer gut dafür, durch provokative Äußerungen Zorn auf sich zu ziehen. Diesmal schaffte er es mit der Behauptung, dass alle die, die gegen den JadeWeserPort sind, gut verdienen und wahrscheinlich im Öffentlichen Dienst beschäftigt sind. Unmut erzeugte er auch mit seiner TCN-Lobhudelei. Argumente wie „Mit 12,50 DM Stundenlohn kann ich keine Familie ernähren!“ (das ist der Stundenlohn, den z.B. die Beschäftigten bei Sykes-Telekom im TCN bekommen), begrinste von Teichman nur. Völlig daneben waren auch die Vorwürfe der Vertreter der „etablierten Parteien“ an die WALLI, dass Tjaden außer zum JadeWeserPort nichts zu anderen Bereichen gesagt hat. Abgesehen davon, dass das auch sonst niemand auf dem Podium getan hat, ist es doch wohl nur dümmliches Taktieren, auf einer Veranstaltung zum JadeWeserPort das Gebetbuch zu verlangen.

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