Aufatmen!
Noch einmal wurde die Schließung des CVJM abgewendet
(noa) Nachdem der CVJM Wilhelmshaven e.V. seine Sorgen jahrelang im stillen Kämmerlein gewälzt hat, verblüffte eine „WZ“-Überschrift am 19. Juni die regelmäßigen LeserInnen unseres Lokalblattes: „CVJM: Chancen für den Förderlehrgang“ hieß es da auf Seite 8, und darunter: „Vermutlich besteht noch eine Chance, die Förderlehrgänge beim CVJM vor dem endgültigen Aus zu bewahren.“
Die knapp 50 Beschäftigten des CVJM haben größtenteils nicht mehr rechtzeitig vor dem Urlaub erfahren, dass aus dem „vermutlich“ ein „sicher“ geworden ist, dass es 12 zusätzliche Jugendliche für den am 1. August beginnenden neuen Lehrgang geben wird und ihre Arbeitsplätze damit also erst einmal wieder für ein Jahr gesichert sind. Die meisten von ihnen werden unruhige drei Urlaubswochen gehabt haben mit der bangen Frage, ob der Vorstand seine Ankündigung wahr macht, den Laden zu schließen, wenn nicht alle MitarbeiterInnen schriftlich auf ihr Weihnachtsgeld verzichten.
Die dadurch erzielte Einsparung würde, wenn tatsächlich alle diesem Verzicht zustimmten, etwa die Hälfte der Summe erbringen, die der CVJM jährlich weniger ausgeben muss, um den Betrieb weiterführen zu können. 180000 EURO müssen 2002 eingespart werden.
Seit mehreren Jahren schon lebt und wirtschaftet der CJVM über seine Verhältnisse.
1996 wurde das Arbeitsförderungsgesetz geändert, und ganz schnell kündigte das Landesarbeitsamt (noch vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes) dem CVJM den erst drei Monate alten Vertrag über drei aufeinanderfolgende Förderlehrgänge. Damals schon berichtete die „WZ“ über Befürchtungen, der Verein würde schließen und (damals noch) über 50 Beschäftigte entlassen müssen. Wir erläuterten die Hintergründe in unseren Ausgaben 139 und 140.
Geschlossen wurde damals nicht, aber es gab im folgenden Lehrgang 1997/98 Kurzarbeit, weil statt der bis dahin üblichen 80 TeilnehmerInnen nur 60 genehmigt wurden. Es wurde auch niemand entlassen, doch Beschäftigte, die von sich aus ihren Arbeitsplatz aufgaben, wurden nicht bzw. nicht voll ersetzt. Die im Förderlehrgang als Unterweiser tätigen Handwerker bekamen für einen Teil ihrer Arbeitszeit andere Aufgaben zugewiesen, wodurch Kosten für Fremdfirmen eingespart werden sollten.
Um sich vom Landesarbeitsamt als einzigem Auftraggeber ein wenig unabhängiger zu machen, wurde ein weiterer Betriebsteil eröffnet. Die Jugendwohngruppe „Wolke 8“ und eine mobile Betreuung Jugendlicher und junger Erwachsener wurden aufgebaut und sollten ein zusätzliches Standbein bilden. Auch mit dem Wilhelmshavener Arbeitsamt wurden zusätzliche Maßnahmen vereinbart: In zwei aufeinanderfolgenden Jahren konnte der CVJM Hauptschulabschlusskurse und danach noch einen Grundausbildungslehrgang durchführen.
All das brachte jedoch nicht die erhoffte Rentabilität. Die Jugendwohngruppe ist zwischendurch immer wieder mal voll besetzt gewesen, aber immer nur für kurze Zeit. Die meiste Zeit seit ihrem Bestehen war sie unterbelegt und kostete mehr, als sie einbrachte. Auch die Hauptschulabschlusskurse und der G-Lehrgang erwirtschafteten nicht den Überschuss, der nötig gewesen wäre, um den Ausfall von 20 FörderschülerInnen zu kompensieren. Sie erlaubten lediglich, die Lehrkräfte im vollen Umfang weiterzubeschäftigen, die ansonsten ihre Stunden hätten reduzieren müssen.
Auch die Hoffnung, mit der Einstellung einer hauptamtlichen Geschäftsführerin aus der Krise zu kommen, zerschlug sich. Die Investitionen, die sie tätigte, um den CVJM zu einem leistungsstarken Dienstleister zu machen, der kostendeckend arbeiten kann (Umgestaltung des Verwaltungstraktes, Einstellung zusätzlichen Personals), amortisierten sich nicht schnell genug; und als ihre Kompetenzen beschnitten wurden, warf sie entnervt das Handtuch. Unter dem vor kurzem neu gewählten Vorstand werden nun die Neuerungen aus dieser Zeit rückgängig gemacht. Bei einem Teil der CVJM-Beschäftigten herrscht die Meinung, die Geschäftsführerin habe die Situation eher noch verschlimmert, wenn nicht gar allein verschuldet. Ob die Rückkehr zur „alten Bescheidenheit“ mehr bringt, wird sich allerdings erst noch erweisen müssen.
Günter Aufermann, früherer und nach einigen Jahren Pause wieder gewählter Vorsitzender, will nun erst einmal die Verzichtserklärungen aufs Weihnachtgeld in die Schublade stecken. Die 12 zusätzlichen LehrgangsteilnehmerInnen, Stundenreduzierungen in der Verwaltung und im Internat und die Vermietung von nicht genutzten Räumlichkeiten werden möglicherweise hinreichen, den Fehlbetrag zu decken. „Wir müssen alles neu durchrechnen“, erklärte er unmittelbar vor der ersten Sitzung des neuen Vorstandes.
Er hätte auch ein ernsthaftes Problem gehabt mit dem Verzicht aufs Weihnachtsgeld: Nicht alle MitarbeiterInnen haben die entsprechende Erklärung unterschrieben, und am letzten Tag vor dem Urlaub, dem letztmöglichen Abgabedatum, überlegte er noch, wie er nun mit denen umgehen würde, die „ausgeschert“ waren.
Da es jetzt so aussieht, als wäre der Verzicht nicht notwendig, ist dieses Nachdenken nur scheinbar nicht mehr erforderlich. Für das Betriebsklima wäre es gewiss übel gewesen, wenn eine Mehrheit der KollegInnen durch Lohnverzicht diejenigen mitfinanziert hätten, die sich währenddessen mit dem Weihnachtsgeld eine schöne Reise oder eine neue Stereoanlage gegönnt hätten. Aber auch nach Aufermanns Verzicht auf den Verzicht besteht ein Problem: Es gibt Kollegen und Kolleginnen, die dieses Opfer der anderen ohne Hemmungen angenommen hätten, weil sie „unsolidarisch“ (in den Augen der anderen) oder „schlauer“ (in den eigenen Augen) sind, oder weil sie den Ernst der Lage und die drohende Schließung nicht gesehen haben. Und in einem Jahr wird dies Problem sich wieder melden, denn die 12 zusätzlichen Förderplätze wurden nur für einen Lehrgang zugesichert.
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