Ladenschluss
Jan 262015
 

Die Kundschaft bestimmt über den Wandel im Handel

(iz) Mittlerweile hat es sich herumgesprochen, dass nach Photo Porst (Schließung Ende Dezember) und Stodt Leuchten und Porzellan (noch im Ausverkauf) als nächstes alteingesessenes Geschäft in der Marktstraße auch WMF (im März 2015) schließen wird. Mehrere Ladeninhaber aus dem Umfeld äußerten, ausschlaggebend für die Schließung der WMF-Filiale sei eine extreme Mieterhöhung.

Des Öfteren ist von Kaufleuten aus der Marktstraße und auch der Nordseepassage zu hören, die geforderten Mieten seien für den Standort einfach zu hoch. Die Kaufkraft in Wilhelmshaven ist nun mal nicht die Stärkste und wenn die Kunden auf Internet und „Billigheimer“ ausweichen, verschärft sich der Teufelskreis aus sinkender Nachfrage und sinkendem lokalen Angebot.

Große Ketten, die deutschland-, europa- oder weltweit vertreten sind, können natürlich andere Preise machen und andere Mieten verkraften als lokale Familienbetriebe. So wird demnächst eine Filiale der Deko-Kette „Tiger“, die derzeit 410 Filialen in 25 Ländern betreibt, ins ehemalige WMF-Geschäft in der Marktstraße einziehen.

Ist eine Firma mit ihrem Hauptsitz an einem anderen Standort gemeldet, bekommt die Gemeinde, in der sich die Zweitniederlassung befindet, auch nur einen Teil der Gewerbesteuer.

Und der Internethandel braucht nur Durchgangs-Lager, aber keine kostenintensiven Ladengeschäfte mit Verkaufspersonal.

Wie so oft, ist es eine „Entscheidung mit den Füßen“: Auch oder gerade, wenn ich nicht soviel Geld habe, kaufe ich dann öfter mal was Billiges, was nach kurzer Nutzungsdauer im Müll landet, oder lieber seltener etwas Hochwertiges, an dem ich lange Freude habe? Will ich Schnäppchen um jeden Preis oder unterstütze ich lieber den lokalen Einzelhandel und zahle gern einen Euro mehr dafür, dass ich die Waren anschauen und direkt ausprobieren kann und persönlich beraten werde? Ohne Umweg über Postzustellung für die Lieferung und ggf. Umtausch?

Zwar sitzen in den Callcentern des Internethandels auch meist freundliche Menschen, die dort einen Arbeitsplatz haben. Aber viele KundInnen schätzen nach eigener Aussage gerade das Gespräch mit dem fachlich geschulten Verkaufspersonal vor Ort, einschließlich „Klönschnack“ über das Wetter, Persönliches und Aktuelles aus dem Stadtgeschehen, und bedauern jetzt, dass sie dieses in Zukunft vermissen werden. Ein individuell geführtes, etabliertes Ladengeschäft ist immer auch ein Kommunikationszentrum. Das ist auch das charmante an unseren Wochenmärkten, die nur so lange lebendig bleiben, wie wir sie nutzen.

Neben der Kundschaft können auch die Vermieter der Läden ihren Teil zu einer lebendigen City beitragen, indem sie mit ihren Mietforderungen „auf dem Teppich bleiben“.
In einigen Fällen trägt ein Umzug innerhalb der City zur Rettung bei, denn entlang der Marktstraße gibt es ein merkliches Mietpreis-Gefälle. So hat, zum Glück, die Papeterie Welz, überlebt. Nach dem Auszug aus der Nordseepassage gab es ein vergleichsweise kurzes Intermezzo im vorderen (östlichen) Bereich der Marktstraße. Nun freuen sich Eigentümer wie Kunden gleichermaßen, sich in der Grenzstraße 6 (neben der Apothe gegenüber von Leffers) wiederzufinden, in einem kleinen, aber feinen, hellen Ladengeschäft.

Rolf Bünger hat es bewundernswert lange geschafft, mit seiner Photo Porst-Filiale direkt gegenüber dem Goliath MediaMarkt zu bestehen. Sein Problem war letztlich durch die Konzernmutter hausgemacht, die das Sortiment immer weiter einschränkte. Das konnte die ausgeprägte Kundenorientierung, die Rolf und sein Team lebten, auf Dauer nicht wettmachen. Der ausgiebige Klönschnack über Fotos, Gott und die Welt in seinem Laden ist jetzt Vergangenheit.

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