Jugendpolitik
Apr 032003
 

Der Letzte macht das Licht aus!

Offener Brief des Arbeitskreises Jugendkriminalität im Kriminalpräventionsrat Wilhelmshaven zur aktuellen Jugendpolitik in unserer Stadt.

Sehr geehrte Damen und Herren,
der AK Jugendkriminalität hat sich im Rahmen seiner letzten Sitzung mit der desolaten Situation im Jugendbereich auseinandergesetzt.

Situationsbeschreibung

1. Qualifikation/Bildung/Berufliche Eingliederung junger Menschen

Anfang 2003 sind beim Arbeitsamt Wilhelmshaven mehr als 1.000 junge Menschen unter 25 Jahren arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldet. Das Arbeitsamt stellt spätestens ab Herbst keine finanziellen Mittel mehr für berufsvorbereitende Lehrgänge zur Verfügung.
Betroffen sind Grundausbildungslehrgänge, Lehrgänge zur Verbesserung der beruflichen Bildungs- und Eingliederungschancen, Förderlehrgänge im Reha-Bereich und Behindertenwerkstätten. Hauptschulabschlusskurse finden ebenfalls nicht mehr statt.
Die ersten Jugendwerkstätten wurden bereits geschlossen und weitere sind von der Schließung bedroht.

Schon geschlossene oder von erheblichen Kürzungen bedrohte Jugendwerkstätten in Wilhelmshaven und unmittelbarer Umgebung:

– Zetel (geschlossen)
– Bockhorn (Schließung im Juni 2003)
– Varel (Schließung im Juni 2003)
– Schortens (Reduzierung um 50%)
– Jugendwerkstatt l des Vereins Beratung, Kommunikation und Arbeit
– Jugendwerkstatt der Arbeitsplatzinitiative für Frauen

2. Schulische Bildung

Drohende Schließungen von allgemeinbildenden Schulen im Stadtgebiet. Fehlende feste Stellen im Bereich Schulsozialarbeit. Unzureichende Angebote bei Schulverweigerung. Fehlende Förderung von benachteiligten Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund.

3. Freizeit und Sozialarbeit

Missverhältnis zwischen Personalschlüssel und geforderten Öffnungszeiten der Kinder- und Jugendeinrichtungen.
Im Streetworkbereich wird von bisher drei Stellen ab September nur noch eine Stelle besetzt sein. Damit ist eine pädagogisch-präventive Arbeit nicht mehr möglich. Vgl. hier auch die Ergebnisse des Jugendforums Südstadt.
Kulturelle Freizeitaktivitäten im Kulturzentrum Pumpwerk sind durch die neue Miet- und Benutzerordnung für freie Gruppen, Vereine und Initiativen nicht mehr bezahlbar.
Drohende Schließung des Freizeitzentrums Nord, Multikulturelles Zentrum Point und Spritzenhaus in Fedderwarden.

Was bedeutet dies für die Jugend in Wilhelmshaven?
  • Keine Aussicht auf Qualifizierung und den Abbau von Bildungsdefiziten
  • Keine Aussicht auf berufliche Integration
  • Keine Aussicht auf sozialpädagogische Betreuung
  • Keine Aussicht auf soziale und gesellschaftliche Integration
  • Keine Aussicht auf die Bildung einer beruflichen Perspektive
  • Keine Aussicht auf eine Lebensperspektive
  • Keine Aussicht auf eigene Finanzierung des Lebensunterhaltes
  • Keine Aussicht auf Beschäftigung bei Behinderung
  • Keine Aussicht auf einen verwertbaren Schulabschluss
  • Keine Aussicht auf Teilhabe am kulturellen und gesellschaftlichen Leben
  • Keine Aussicht auf sinnvolle und sinngebende Freizeitbeschäftigung.
Konsequenz

Laut der aktuellen Kriminalitätsstatistik belegt die Stadt Wilhelmshaven bei allen Altersgruppen der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen Spitzenplätze in Niedersachsen!
Der Arbeitskreis geht von einer weiteren Verschärfung dieser Situation aus!

Dies bedeutet:
  • Zunehmende Orientierungs- und Perspektivlosigkeit
  • Zunehmende Anzahl arbeitsloser Jugendlicher und junger Erwachsener
  • Zunehmendes Abgleiten in Kriminalität und/oder Drogenkonsum
  • Zunehmende Gewaltbereitschaft
  • Zunehmende Verwahrlosung
  • Zunehmende Verunsicherung und Angst in des Bevölkerung
  • Zunehmende negative Außenwirkung für die Kommune
In Wilhelmshaven werden wirksame zielgruppenspezifische Angebote und Strukturen geopfert, die später mühsam und zu einem hohen Preis wiederaufgebaut werden müssen!

Der Arbeitskreis Jugendkriminalität appelliert daher im Namen der betroffenen jungen Menschen und der Einrichtungen der Jugendsozialarbeit und der Jugendberufshilfe an alle Verantwortlichen in Politik und Verwaltung der Stadt Wilhelmshaven:

  • Sichern Sie die Förderung von benachteiligten Jugendlichen als einen Schwerpunkt der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik!
  • Setzen Sie die versprochenen Verbesserungen der Situation junger Menschen am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt (z.B. „JUMP Plus“) um!
  • Sorgen Sie dafür, dass auch benachteiligte und beeinträchtigte junge Menschen ein ausreichendes Angebot an geeigneten betrieblichen und außerbetrieblichen Ausbildungsplätzen vorfinden!
  • Stoppen Sie die Kürzungen und Streichungen im Bereich der Berufsvorbereitung, der Benachteiligtenförderung und der Beschäftigungsförderung für benachteiligte Jugendliche!
  • Opfern Sie nicht wirksame zielgruppenspezifische Angebote und Strukturen, die später mühsam und zu einem hohen Preis wieder aufgebaut werden müssen!
  • Entziehen Sie sich nicht über „LOS“ oder anderweitig!!
  • Entziehen Sie statt dessen dem Neubauvorhaben an der Nordseehalle die geplante Million Euro zu Gunsten der jungen Menschen!!
  • Geben Sie Kindern und Jugendlichen in unserer Stadt eine Chance!

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