Journalistenschelte 1
Okt 082003
 

Fair-Café-Betreiber im Clinch mit Guten Morgen Sonntag (GMS)

(ub) In der „Guten Morgen Sonntag“ vom 14. September d. J. wird „ehrlicher, kompromissloser Rhythm & Blues” der Gruppe PEEWEE BLUESGANG angekündigt. Zu hören am „Freitag, dem 19.9. im Fair-Café in Grafschaft“. Die Band wird in höchsten Tönen gelobt. Reinhard Hartwig vom Fair-Café jedoch schimpft wie ein Rohrspatz über „peinliche Schreib- und Satzfehler“ im Artikel und droht der GMS Kontaktsperre an.

Ein zugegeben unglücklicher Textsatz unter dem Foto der Band, und zweimal wurde der Bandname (den eh den wenigsten bekannt sein dürfte) falsch geschrieben – aber sonst? Gut platziert in großer Aufmachung (1/3 Seite mit 10 x 15 cm Bandfoto), Werbung vom Feinsten für ein Blueskonzert im Grafschafter „Fair-Café“. „Ehrlicher und kompromissloser Rhythm & Blues ist das Bekenntnis der Band, ihr Handwerk und ihre Begabung. Auch die Coverversionen einiger Stücke von Clapton bis ZZTop bringen die Peewees genau so gut daher wie ihre berühmten Vorbilder… Der absolute Kracher, der Höhepunkt, ist das fast zwanzigminütige „Hey Joe“, eine doch schon kongeniale Version des Hendrix-Klassikers.“ Zeitungsanzeigen dieser Größenordnung kosten normalerweise viel Geld. Die Ankündigung der Band und deren herausragende Qualitäten in der GMS folgt weitgehend der Pressemitteilung, die Fair-Café-Betreiber Reinhard Hartwig per Email an Pressevertreter verschickt hat.
FAIRGanz im Trend der Zeit versorgt Hartwig auch interessierte Besucher seines in das „Fairhandelshaus Mercado Mundial“ integrierten Cafés per Email direkt mit ausführlichen Hinweisen zum „Veranstaltungskalender Fair-Café 2003“. Die Leser der Fair-Café-newsletters („Hallo liebe Musikfreunde im Fair-Café“) staunten nicht schlecht, als sie auf ihrem Rechner einen an „Herrn Knuth-Voigt“ von der Zeitung Guten Morgen Sonntag gerichteten Brief fanden. Darin beschwert sich Hartwig massiv über „peinliche Schreib- und Satzfehler“ und schlägt dem Redakteur vor, dass dieser „sich vielleicht mit der zuständigen Person für derartige Übertragungsfehler“ mal zusammensetzen sollte. Was mit Ausnahme der Bandmitglieder wohl kaum jemand registriert hat: GMS kündigt den Auftritt mit „PeeWee Bluesgesang am kommenden Freitag dem 19.9. im Fair-Cafe in Grafschaft“ an. Dazu Hartwig:„Die Band heißt PEEWEE Bluesgang, und hinter dem Datum ist ein Komma zu erwarten. … Die Bildunterschrift verhöhnt die Bluesgruppe…“ Und deshalb, so Hartwig weiter, „stehe ich ziemlich blöd da gegenüber der Band als Veranstalter des Abends, der ich ‚professionelle’ Pressearbeit versprochen habe.“ Arg wütend über die eigentlich doch sehr wohlmeinende Pressearbeit der GMS schießt Hartwig aus allen Rohren: „Ihre Leute sollten lernen, wie man mit dem Computer umgeht. Wenn das nicht gewährleistet ist, würde ich die GMS lieber aus dem Presseverteiler nehmen, um mich nicht lächerlich zu machen.“
Reinhard Hartwig hat sich viel vorgenommen. Sein Fairhandelshaus MERCADO MUNDIAL in Schortens und Fedderwardergroden soll als gemeinnütziges Bildungs- und Entwicklungshilfeprojekt „zur Förderung des Weltfriedens“ beitragen. Das Fair-Café will er „zum angesagtesten Musik-Club in Nord-West“ machen. Noch ist das kleine Café zwischen Accum und Heidmühle eher ein Insider-Tipp. Lokale Größen wie „Hot Stuff“ oder internationale Klassebands wie „Rudi Rotta“ aus Italien füllen den Veranstaltungsraum mit 50 bis 80 Musikfans, die alle bequem mit genügend Beinfreiheit rattanbestuhlt sitzen können.
Das Fair-Café in Schortens hat zunehmend exzellente Music-Acts zu bieten (siehe auch Veranstaltungshinweise). Solche Highlights rechnen sich nicht in einem Veranstaltungsraum von der Größe des Fair-Cafés. Sie sind weder über die Eintrittspreise noch über den Verzehr zu refinanzieren. Man braucht musikverliebte Leute wie Hartwig, die solche Veranstaltungen wie private Hobbys betreiben. Reinhard Hartwig ist selbst Musiker – regelmäßige Fair-Café-Besucher haben oft erlebt, dass Hartwig bei dem ein oder anderen Song die jeweilige Band auf der Bühne begleitet. Hartwig in einem Email-Rundbrief: „Als Roland (von der Gruppe „Roland Parker & The Psychedelics“) das technische Problem mit dem Kabel hatte, konnte ich nicht anders, als einzuspringen mit meiner Blues-Harp. Es macht einfach Spaß, solchen Musikern zuzuhören und ein paar Minuten mit ihnen zu musizieren.“
Und es macht Spaß, musikalische Highlights wie die „PEEWEE Bluesgang“ live zu erleben. Blues und Rock vom Allerfeinsten. Zwar waren wieder nur ca. 60 BesucherInnen erschienen. Die jedoch haben ihr Kommen nicht bereut. Auch wer wie die „PEEWEES“ schon über 25 Jahre im Musikgeschäft tätig ist, spielt sicherlich gerne in kleinen Musik-Clubs, wo das Publikum mit anhaltenden „standing ovations“ die Band immer wieder auf die Bühne zwingt. Zu wünschen ist dem Fair-Café weiterhin so ein gutes Händchen bei der Zusammenstellung des Programms. Zu wünschen wäre auch etwas mehr Gelassenheit beim Umgang mit der Presse.

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