Arbeitsloseninitiative
Apr 292004
 

Es reicht!

Die Arbeitsloseninitiative ist bereit zur Gegenwehr gegen den Sozialabbau

(noa) Nur knapp 30 Menschen, nicht einmal halb so viele wie sonst, waren bei der letzten Monatsversammlung der Arbeitsloseninitiative Wilhelmshaven/Friesland am 13. April. Lag es daran, dass viele glaubten, die ALI mache Osterurlaub, lag es daran, dass man am Dienstag nach Ostern eher ein Montagsgefühl hatte, oder lag es daran, dass die „WZ“ den Termin nicht angekündigt hatte?

Und woran lag es, dass die „WZ“ den Termin nicht ankündigte? Die entsprechende Pressemitteilung hatte sie pünktlich bekommen. Darin hieß es u.a.: „Aus Regierungskreisen ist immer wieder zu hören, dass der Sozialstaat nicht mehr zu finanzieren ist und radikal umgebaut werden muss. Dieser Umbau geht leider nur zu Lasten derjenigen, die schon heute kaum noch einen Cent in der Geldbörse finden, und zu Gunsten von Billiglohnjobs. Die Proteste gegen diese Politik waren am 3. April 2004 eindrucksvoll. Viele Menschen sind mit diesem Vorgehen der Regierung nicht mehr einverstanden. Aber was kommt danach? Welche Alternativen gibt es für die Menschen? Ist die Demontage des Sozialstaates noch zu verhindern?“ Werner Ahrens von der ALI mutmaßte gegenüber dem GEGENWIND, dass die „WZ“ den Hinweis auf die großen Demonstrationen des 3. April nicht abdrucken mochte.
Den Schwung dieser Demonstrationen – an der in Berlin hatten sich auch viele WilhelmshavenerInnen und FriesländerInnen beteiligt – will die ALI nicht verpuffen lassen. Es sollte deshalb diesmal kein Referent zu einem aktuellen Thema sprechen, wie es in vielen vorangegangenen ALI-Monatsversammlungen der Fall war, sondern die Mitglieder der ALI sollten dafür gewonnen werden, sich über ihre eigenen Reihen hinaus mit anderen Organisationen zusammen gegen die Demontage des Sozialstaates zu wehren.
DGB-Sekretärin Dorothee Jürgensen war dazu eingeladen. Günther Kraemmer, der Vorsitzende der ALI, gab nach einem kurzen einleitenden Statement, in dem er an die Berlin-Demonstration erinnerte und aus einem alten Biermann-Lied zitierte („Das kann nicht alles gewesen sein, da muss doch noch was kommen“) das Wort an Dorothee Jürgensen.
„Wenn ich höre, dass am Tag der Demonstration ein Politiker sagt, alle Gewerkschaftsfunktionäre gehören ausgetauscht, oder wenn Schröder an diesem Tag betont, dass er selber bestimmt, wann er zurücktritt, dann zeigt das, dass die Regierenden die große Empörung bemerkt haben.“ Allerdings, so Jürgensen, werde ein Aktionstag mit Großdemonstrationen an drei Orten nicht ausreichen, damit die „Deformen“ – denn Reformen des Sozialstaates, wie die Regierung es nennt, sind es nicht – zurückgenommen werden, sondern: „Wir werden einen langen Atem brauchen.“
„Unser Europa – frei – gerecht – sozial“, so wird das Motto der Mai-Veranstaltungen lauten, denn, so erklärte Dorothee Jürgensen, in allen europäischen Staaten gibt es bei jeder Einschränkung den Fingerzeig aufs Nachbarland: „Die haben es ja schon, also machen wir es schlimmer.“ Dabei werde den Gewerkschaften vorgeworfen, sie sagten zu allem nur „Nein“, hätten aber keine konstruktiven Vorschläge. Überall werde gespart, außer bei den Reichen; die aber seien es, die nun zur Kasse gebeten werden müssten, und deshalb fordert der DGB die Einführung der Vermögenssteuer.
Der DGB wird nach dem 1. Mai Kontakt aufnehmen zu den Sozialverbänden, zu Kindergärten, Schulen und weiteren Institutionen und Organisationen, um ein breites Bündnis gegen den Sozialabbau herzustellen. Auf Niedersachsen-Ebene gibt es ein solches Bündnis schon und ist schon seit fast einem Jahr tätig. Um wirkungsvoll aufzutreten, muss es auch lokale Bündnisse geben, die nicht nur in Saalveranstaltungen, sondern auch mittels Innenstadtaktionen den Protest ausdrücken und immer mehr Menschen einbeziehen können.
Eigentlich war Jürgensens Rede gar nicht nötig, um die versammelten ALI-Mitglieder zum Aufstehen gegen den Sozialabbau zu motivieren. Besonders diejenigen, die in Berlin waren, sind schon einen Schritt weiter. Sie zehrten noch von dem guten Gefühl, mit so vielen anderen Menschen zusammen auf der Straße gewesen zu sein und ihre Forderungen zu Gehör gebracht zu haben. „Die Demonstrationen waren organisiert, aber jetzt muss ich morgens wieder alleine aufstehen“, so formulierte ein Teilnehmer den Wunsch nach Organisation, und ein anderer sprach davon, dass „Öl ins Feuer“ gegossen werden muss, bevor die Flamme wieder verlischt. Warum erst nach dem 1. Mai Kontakt aufgenommen werden solle zu anderen Organisationen, wurde mehrfach gefragt – man solle doch besser schon zum 1. Mai begonnen haben, das Bündnis aufzubauen.
Anfang Februar gab es ein Treffen zur Gründung eines Sozialforums. Damals waren es nur vier Personen, die sich in der Evangelischen Familienbildungsstätte einfanden, um erst einmal zu überlegen, was sie tun könnten, um mehr Menschen zusammenzubringen. Sie beschlossen, sich über die Aktionen anderer Sozialforen zu informieren und dann einen weiteren Versuch zu starten.
Die Gründung eines Sozialforums durch den DGB, die ALI und weitere Verbände mit ihren Möglichkeiten, viele Personen zu erreichen und zu mobilisieren, ist ein Schritt, der weit mehr Erfolg verspricht.

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