Südzentrale 1
Jun 092004
 

Schandflecken und Schandmäuler

Die Köpfe der WFG outen sich als Denkmalexperten

(iz) Die Wirtschaftsförderung in Wilhelmshaven GmbH (WFG) scheint ihre Kernaufgabe – Verbesserung der Wirtschaftsstruktur und Entwicklung des Arbeitsmarktes – bereits erledigt zu haben. Derzeit widmet sich ihr Aufsichtsrat nämlich erstaunlichen Dingen: Baudenkmälern.

Südzentrale 5WFG-Aufsichtsratsvorsitzender Hans-Peter Kramer: „Die Südzentrale ist eine Ruine, ein Schandfleck, der beseitigt werden muss.“ Gleichzeitig diskreditiert er „Bemühungen einer Initiative …, die die Südzentrale bewahrt wissen möchte.“ (alle Zitate aus: WZ vom 22. Mai 2004) Was Kramer wie WZ „vergaßen“ zu erwähnen: Gemeint ist das „Forum Wilhelmshaven“, das sind über hundert Menschen, die unter fachkundiger Begleitung von Corinna Janssen über die Südzentrale informieren und für deren Erhalt plädieren. Janssen hat ihre Diplomarbeit im Studiengang „Historisches Kulturgut“ diesem einmaligen Industriedenkmal aus der Kaiserzeit gewidmet. Die Ergebnisse hat sie in einer Ausstellung aufgearbeitet, die derzeit in der Christus- und Garnisonkirche zu sehen ist.
WFG-Aufsichtsratsmitglied Lutz Bauermeister unterstellt Frau Janssen, „eine irreparable Ruine zu verherrlichen“. Es würde hier „der Öffentlichkeit ein Luftschloss ohne jeden Plan der Finanzierung vorgegaukelt“. Anders als seine Vorredner bleibt WFG-Geschäftsführer Wolfgang Frank zwar oberhalb der Gürtellinie, aber nicht ganz bei der Wahrheit: Es sei „20 Jahre lang versucht worden“, eine Lösung für das Gebäude zu finden. Das Gebäude stehe in Privateigentum, die Stadt sei „die falsche Adresse für Appelle“. Die richtige Version lautet: Die Stadt wäre zwar gesetzlich verpflichtet gewesen, die Eigentümer beim Erhalt des Denkmals zu unterstützen, hat jedoch keine der vorgeschlagenen Nutzungen genehmigt. Die Stadt selbst hat die Abrissgenehmigung für das Gebäude vorangetrieben und dann erteilt. Wozu u. a. der Bezirksdenkmalpfleger in Oldenburg ausgebootet werden musste: Er begutachtete die massive Bausubstanz, trotz 20 Jahren Leerstand, für erhaltenswert.

Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen

3_AffenOffiziell ist mal wieder keiner aus Politik und Verwaltung schuld gewesen. Nestbeschmutzer sind nicht jene, die bestimmte Vorgänge in dieser Stadt zu ihren Gunsten beeinflussen, sondern jene, die das aufdecken und an die Öffentlichkeit bringen. „Der WFG-Aufsichtsrat sieht im Zusammenhang mit Kampagnen für den Erhalt des Bauwerks die Gefahr, dass das Image der Stadt und der Hafenwirtschaft beeinträchtigt wird. … Dadurch entstehe überregional der Eindruck, Stadt und ‚Hafenmafia‘ unternähmen nichts zur Rettung eines Denkmals.“
In den mündlichen und schriftlichen Darlegungen des „Forum Wilhelmshaven“ sucht man den Begriff „Hafenmafia“ vergeblich, wie sich auch insgesamt die Argumentation des Forums oberhalb besagter Gürtellinie bewegt. Interessant, dass der WFG-Aufsichtsrat die Information über die Existenz einer solchen kriminellen Vereinigung über die Tagespresse in die Öffentlichkeit trägt. Hätte man da sonst drauf kommen können?
Da gab es mal einen großen Artikel mit Foto in der WZ, wo der damalige SPD-Landtagsabgeordnete Wilfrid Adam (heute Geschäftsführer der Hafenbetriebsgesellschaft) und der hiesige SPD-Chef Siegfried Neumann sich vor Ort trafen mit Horst Bartels, der für seine Firma Nordfrost nordöstlich der Kaiser-Wilhelm-Brücke gern weitere Kühlhäuser errichten möchte. Außer dem Gelände der Südzentrale gibt es dort keine Erweiterungsflächen. Bedeutet „Hafenmafia“, dass dies ein konspirativer Ausflug war, der möglicherweise mit der jetzt von der WFG gestarteten Abrisskampagne in Verbindung zu bringen wäre?

Vor der Kür kommt die Pflicht

Nützlich wäre es jedenfalls, wenn die WFG-Leute sich auf die Dinge konzentrierten, von denen sie – hoffentlich – was verstehen. Teilhaber der WFG sind jeweils etwa zur Hälfte die Stadt und die Privatwirtschaft. Im Rat findet die WFG meist dann Erwähnung, wenn die Stadt mal wieder finanziell in die Bresche springen muss: gerade über 90.000 Euro für ein Planungsverfahren, neulich eine Viertel Million für die Ausstellung zum JadeWeserPort, die sich als Besucherflopp erwies. (s. „Ratssplitter“ im Gegenwind 194 – November 2003). Interessant wäre zu erfahren, welche Aktivitäten die WFG entwickelt, die sich nicht auf den JadeWeserPort beschränken, und vor allem deren Erfolge.
Ob die Denkmal- und Marketingexperten von der WFG wohl mal den Weg in die Garnisonkirche finden? Dort könnten sie viel darüber lernen, was Denkmalschutz bedeutet – und wie man, nein, frau professionell eine richtig gute Ausstellung macht.

 

WFG Wirtschaftsförderung in Wilhelmshaven GmbHwfg_logo
Eintragung ins Handelsregister am 25.2.2000
Stammkapital: 50.000 DM / 25.564,59 Euro

 

Gesellschafter:
Stadt Wilhelmshaven 51%, Allgemeiner Wirtschaftsverband WHV-Friesland (AWV) 49%
Aufsichtsrat
Vorsitz: Hans-Peter Kramer, Stellvertreter: Siegfried Neumann
Mitglieder des Aufsichtsrates 2002 u. a. Eberhard Menzel, Uwe Biester, Bernhard Rech (Kreishandwerkskammer OL), Hans-Peter Kramer (Vorsitzender AWV), John-H. Niemann (Präsident WHVener Hafenwirtschaftsvereinigung), Lutz Bauermeister (Hauptgeschäftsführer AWV)
Gegenstand des Unternehmens: Verbesserung der Struktur des Wirtschaftsraumes W’haven durch Entwicklung und Förderung von Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen auf allen Gebieten und Entwicklung des Arbeitsmarktes.

 

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