DGB-Kreis Wilhelmshaven auf neuer Demo-Route
(hk) Die Wilhelmshavener GewerkschafterInnen müssen sich in diesem Jahr von einem schon beinahe ritualisierten Ablauf des 1.Mai trennen. Nach vielen Jahren „Gewerkschaftshaus-Kurpark-Erbsensuppe“ hat der DGB nicht nur eine neue Demo-Route sondern auch ein, in vielen Bereichen an die 100jährige Geschichte des 1.Mai orientiertes, Informations- und Kulturprogramm vorgesehen.
Zu diesem Fest für deutsche und ausländische Arbeitnehmerinnen laden die ausländischen Vereine, der Ausländerbeirat, die städtische Ausländerbetreuung, der Verein Beratung, Kommunikation und Arbeit (BKA), der DGB und das Pumpwerk ein.
Folklore, Musik und internationale Spezialitäten sind auf dem Programm, bevor die südamerikanische Gruppe Candela mit heißen Rhythmen ihren Auftritt hat. Veranstaltungsort: Festzelt Kieler/Ecke Bismarckstraße Beginn: 20.00 Uhr
9.30 Uhr: Mit einer kurzen Auftaktkundgebung beginnt am Banter Markt die Maidemonstration – an dem Ort, an dem 1890 die erste Maifeier in Bant stattfand. Begleitet wird die Demonstration von der Arbeiter-Schalmeienkapelle Osnabrück.
11.00 Uhr: Eintreffen am Festplatz Kieler/Bismarckstr.
Der Hauptteil der Kundgebung wird dargestellt durch eine Revue der Landesbühne. Der 1.Bevollmächtigte der IG Metall, Hartmut Tammen-Henke, spricht zu aktuellen gewerkschaftlichen Themen (Tarifrunde, Arbeitszeitverkürzung usw.)
Anschließend geht es bis in den späten Nachmittag im Mai-Festzelt weiter: Darbietungen der Naturfreunde, Folklore, Schalmeien- und spanische Gitarrenmusik und der Oldie-Revival-Band aus Aurich.
Rund um das Festzeit ist an diesem Tag die Kieler Straße zwischen Bismarck- und Paul-Hug-Straße gesperrt. Dort findet den ganzen Tag über ein Straßenfest zum 1.Mai, an dem sich viele Organisationen, die in der Tradition der Arbeiterbewegung stehen, beteiligen.
100 Jahre 1.Mai nahmen der Historische Arbeitskreis des DGB und die Stadt Wilhelmshaven zum Anlaß, eine umfangreiche Ausstellung zu konzipieren. Viele Dokumente, Maiabzeichen und -zeitungen, Fahnen, Fotos, Plakate und Flugblätter im Original aus unserer Region im Wandel von 100 Jahren sind auf über 50 Tafeln – abgerundet von vielen Schaukästen und einer Dia-Schau – zu sehen.
Die Ausstellung, von der es nur vier weitere vergleichbare in der BRD gibt, ist im Küstenmuseum zu den üblichen Öffnungszeiten vom 30.4. – 30.5.90 zu sehen; Führungen für Gruppen und Schulklassen werden nach Absprache (DGB, Tel.: 21641) organisiert.
Zur Ausstellungseröffnung am 30.4. um 18.00 Uhr im Rahmen des Maiempfanges der Stadt können die Veranstalter Udo Achten aus Düsseldorf begrüßen.
1889 auf dem internationalen Sozialistenkongreß in Paris beschlossen, wurde der 1.Mai zum ersten Male 1890 gefeiert, auch in unserer Stadt. In Bant/Belfort, in der Gastwirtschaft „Zur Arche“ (am Bahnübergang Werftstraße), demonstrierten die „Banter Reichsfeinde“ für den 8-Stunden-Tag, für eine wirksame Arbeiterschutzgesetzgebung, für Weltfrieden und Völkerverbrüderung. Redner war Paul Hug.
Der 1.Mai als „Feiertag des Volkes“ wurde in den Jadegemeinden schnell zur festen Einrichtung der Arbeiterschaft mit umfangreichem Programm: Saalfrieden, Kundgebungen, „Spaziergänge“ (Umzüge waren vorerst verboten), Kinderbelustigungen, kulturelle Vorführungen und Ball verbanden Geselligkeit und kämpferische Aspekte. Selbst zwischen 1914 und 1918 beging man den Tag als „Friedensfest im Völkerkrieg“.
Die Revolution brachte – wenigstens für einige Jahre – den 8-StundenTag, die Nationalversammlung machte den 1.Mai 1919 erstmalig zum reichsweiten Feiertag. In der Weimarer Zeit wurden die Maifeiern zu machtvollen Selbstdarstellungen der hiesigen Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung, ihrer politischen, ökonomischen und kulturellen Organisationen.
Die Nationalsozialisten missbrauchten die Mai-Idee für ihre verbrecherischen Ziele: Ihr 1.Mai wurde Propagandaspektakel für „Deutschlands Größe“, „Volksgemeinschaft“ und Produktionserhöhungen, er diente letztendlich der Vorbereitung von Krieg und Völkermord.
Am 2.Mai 1933 besetzten SA, SS und Marinesturm das Wilhelmshavener Gewerkschaftshaus, Arbeitervertreter wurden verprügelt und in „Schutzhaft“ genommen. Doch blieb der 1.Mai in den Herzen vieler Männer und Frauen lebendig. Nicht wenige bezahlten auch in unserer Stadt ihren aufrechten Gang mit Verfolgung, mit Folter, Gesundheit und Leben.
Nach der Niederschlagung des Faschismus wurden im Mai 1945 die Gewerkschaften in Wilhelmshaven neu gegründet, 1946 wieder die ersten freien Maifeiern veranstaltet. Sie und die Veranstaltungen der folgenden Jahre waren gekennzeichnet von den Auswirkungen der Nazizeit: Trümmer, Hunger, Flucht und Gefangenschaft, Arbeitslosigkeit und Elend. Demonstriert wurde für Wiederaufbau, Vollbeschäftigung ausreichende
Versorgung mit dem Lebensnotwendigen, für umfassende Entnazifizierung, für Wiedervereinigung und Demokratie in allen gesellschaftlichen Bereichen. Zehntausende versammelten sich auf dem Rathausplatz.
Entnommen einem Informationsblatt zur Ausstellung „100 Jahre 1.Mai“
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